Die Klimatologin Dr. Judith Curry (@curryja) macht in ihrem Tweet vom 17. Juli auf einen Vorgang aufmerksam, wie er leider typisch in unserer Zeit geworden ist. Eine vielgelesene Klimastudie (83.000 Downloads) soll wegen politisch unbequemer Schlussfolgerungen zurückgezogen werden. Die Studie stellt nämlich fest, dass Extremwetterereignisse nicht zugenommen haben.
So steht in der Zusammenfassung der Studie: „(…) Die Analyse wird dann auf einige globale Reaktionsindikatoren auf meteorologische Extremereignisse ausgedehnt, nämlich Naturkatastrophen, Überschwemmungen, Dürren, Produktivität der Ökosysteme und Erträge der vier wichtigsten Kulturpflanzen (Mais, Reis, Sojabohnen und Weizen). Keiner dieser Reaktionsindikatoren zeigt einen eindeutig positiven Trend bei extremen Ereignissen. Auf der Grundlage von Beobachtungsdaten lässt sich zusammenfassend sagen, dass die Klimakrise, die wir nach Meinung vieler Quellen heute erleben, noch nicht offensichtlich ist. (…)“
Die Publikation erfolgte im Januar 2022. Was einige Monate später passierte, gleicht einem Krimi.
Zunächst erschien ein Artikel im Guardian, der die Studie kritisiert. Darin kommt unter anderem der Konstrukteur des Hockeysticks, Michael Mann, zu Wort, der von den Autoren als ein paar „Kernphysik Dudes aus Italien“ spricht, auf die man nicht zu hören brauche.
Besonders pikant daran ist: Der Mitautor der Studie, Prof. Franco Prodi (laut Michael Mann einer der „Kernphysik Dudes“) ist Professor an der Universität Ferrara, Lehrstuhlinhaber für Allgemeine Physik und für Atmosphärenwissenschaften, Mitglied im italienischen Institut für Atmosphärenwissenschaften und Klima (CNR-ISAC) [isac.cnr.it/en], mit 193 Publikationen in den Bereichen Meteorologie, Klimatologie und Atmosphärenphysik [researchgate.net/profile/F-Prodi].
Später folgt ein weiterer Artikel, diesmal vom AFP, in dem auch Prof. Rahmstorf vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung fordert, das Papier müsse zurückgezogen werden.
Der Blogger Roger Pielke schrieb ausführlich zu dem Vorgang, der derzeit noch in der Schwebe ist, und in welchen andere Klimaforscher zur Beurteilung gemeinsam mit dem Springer Nature Verlag involviert sind. Auf dem Link der Publikation findet sich entsprechend der Hinweis: „30 September 2022 Editor’s Note: Readers are alerted that the conclusions reported in this manuscript are currently under dispute. The journal is investigating the issue.“ Wer diesen Krimi im Detail verfolgen möchte, wird im Blogbeitrag von Roger Pielke fündig.
Die Art und Weise, wie hier von Wissenschaftlern unter Einbeziehung der Medien vorgegangen wird, um Kollegen zum Schweigen zu bringen und bereits veröffentlichte Publikationen zu löschen, deutet darauf hin, wie ernst die Klimaforschung es mit dem angeblich offenen wissenschaftlichen Diskurs tatsächlich nimmt. Die Vorgänge gleichen eher einer modernen Bücherverbrennung, könnte man meinen.
Und dies ist vermutlich nur die Spitze des Eisberges. Denn die meisten dieser Vorfälle werden der Öffentlichkeit gar nicht bekannt, sondern laufen im Verborgenen ab. Aber hin und wieder schafft es auch ein Vorfall in die Mainstreammedien.